Donnerstag, 19. April 2007
Libellen von Solnhofen und Eichstätt waren Flugkünstler
Solnhofen / Eichstätt (fossilien-welt) - Unter den in der Gegend von Solnhofen und Eichstätt in Bayern entdeckten Fossilien aus der späten Jurazeit vor etwa 150 Millionen Jahren sind Insekten mit mehr als 150 Arten vertreten. Damit rangieren sie – was die Artenzahl betrifft – noch vor den Fischen. Gemessen an ihrer Stückzahl werden Libellen allerdings merklich weniger gefunden als Fische und Krebse.
Das Fundgut im aus Meeresablagerungen entstandenen Solnhofener Plattenkalk beweist, dass alle bedeutenden Ordnungen der gegenwärtig lebenden Insekten bereits in der späten Jurazeit existierten: Schmetterlinge, Käfer, Wespen, Fliegen, Florfliegen, Wasserläufer, Heuschrecken, Schaben und Libellen.
In der Jurazeit gab es bei den Libellen bereits sämtliche gegenwärtig vorkommenden Unterordnungen, die nach der Größe und Lage der Augen sowie nach der unterschiedlichen Form der Flügel unterschieden werden. Die Großlibellen (Anisoptera) und die Kleinlibellen (Zygoptera) tragen einen irreführenden deutschen Namen, weil es auch unter den Kleinlibellen große Arten gibt. Eine dritte Unterordnung sind die Anisozygoptera.
Die Zygoptera besitzen Vorder- und Hinterflügel von fast gleicher Form und Größe – daher nennt man sie auch Gleichflügler, In Ruhelage sind die Flügel nach hinten oben zusammengeklappt. Die Anisoptera haben Flügelpaare von ungleicher Form. Ihr wissenschaftlicher Name bedeutet Ungleichflügler. Bei ihnen sind die Flügel in Ruhestellung waagrecht ausgebreitet. Die Anisozygoptera ähneln den Anisoptera sehr, aber teilweise auch den Zygoptera. Heute sind die Anisozygoptera nur noch durch die beiden Arten Epiophlebia superstes in Japan und Epiophlebia laidlawi im Himalaja vertreten.
Bei den im Solnhofener Plattenkalk überlieferten Libellen ist das Geäder ihrer Flügel in allen Einzelheiten sichtbar. Bräunliche eisenhaltige oder schwärzliche manganhaltige Lösungen, die in die Hohlräume des Geäders eingesickert sind. haben dessen Verlauf farbig nachgezeichnet.
Einige fossile Libellenarten aus der Gegend von Solnhofen und Eichstätt übertrafen mit ihrer imposanten Flügelspannweite sogar die stattlichsten exotischen Formen aus tropischen Gebieten der heutigen Zeit. So erreichte die Libelle Aeschnogomphus intermedius, die schon 1848 wissenschaftlich beschrieben wurde, eine Flügelspannweite bis zu 21 Zentimeter und eine Körperlänge von 14 Zentimeter. Die größten jetzigen Libellen haben eine Flügelspannweite von 14 Zentimeter.
Die Libellen aus der späten Jurazeit vor etwa 150 Millionen Jahren waren Zeitgenossen von Urvögeln (Archaeopteryx), Flugsauriern und Dinosauriern. Offenbar wurden sie von manchen Flugsaurierarten gejagt und gefressen. Im Fundgut gibt es mitunter Libellenflügel mit Bissspuren von Flugsauriern.
Fossile Libellen aus dem Solnhofener Plattenkalk sind seltene und bei Sammlern begehrte Objekte. Ein Steinbrucharbeiter, der jeden Arbeitstag etwa 8 Stunden lang Solnhofener Platten spaltet, entdeckt etwa alle 2 bis 3 Jahre eine Libelle.
Prächtige fossile Libellen aus Solnhofen und Eichstätt werden zeitweise im "Antiquitäten-Shop & Fossilien-Shop" mit der Internetadresse www.antiquitaeten-shop.net des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst angeboten. Er verkauft mitunter auch Wasserwanzen, Wasserskorpione, Wasserläufer, Käfer, Grillen und Heuschrecken aus dem Solnhofener Plattenkalk.
Heute existieren in Deutschland rund 80 Arten von Libellen. Die größte unter ihnen ist die Große Königslibelle Anax imperator (Herr und Herrscher) mit einer Flügelspannweite von maximal 11 Zentimeter.
Libellen sind wahre Flugkünstler: Sie fliegen rückwärts, bewegen sich in der Horizontale wie ein Hubschrauber, stoppen und wenden während größter Geschwindigkeit. Ihre durchsichtigen und knittrigen Flügel werden von extrem starken Muskeln in der Brust angetrieben. Große Libellenarten erreichen eine Geschwindigkeit von 40 und mehr Stundenkilometern.
Der Kopf der Libellen ist ungewöhnlich beweglich, was ihnen ein großes Sehfeld erlaubt. Die Augen der Libellen bedecken fast ihren ganzen Kopf. Je nach Art bestehen sie aus bis zu 28000 Facetten.
Seit der späten Jurazeit vor rund 150 Millionen Jahren – der Lebenszeit der fossilen Libellen aus der Gegend von Solnhofen und Eichstätt – haben sich die Libellen anatomisch kaum verändert. Deswegen werden sie als „Volltreffer der Evolution“ bezeichnet.
Libellen gelten als perfekte Jäger. Während ihres rasanten Fluges ergreifen sie ihre Beute und fressen sie noch in der Luft. Sie verzehren vor allem Schmetterlinge, aber auch Fliegen, Mücken und sogar Artgenossen. Ihre im Wasser lebenden Larven jagen anfangs Mückenlarven, später – nach mehrfacher Häutung und wenn sie bereits 5 Zentimeter lang sind – sogar Kaulquappen und kleine Fische.
Die mit Dornen bewehrten kurzen Beine der Libellen eignen sich nicht zum Laufen. Damit ergreift das Männchen während der Paarungszeit das Weibchen. Das Männchen fliegt von unten heran und umklammert die Partnerin – danach steuern beide einen Schilfhalm oder einen Zweig an und das Männchen überträgt seinen Samen. Das Weibchen sucht nach Wasserpflanzen für die Eiablage und das Männchen hält nach dem nächsten Weibchen Ausschau.
Libellen beherrschen jeweils einige Dutzend Quadratmeter große Reviere über Gewässern, die sie unermüdlich auf und ab fliegen. Wenn einem Männchen ein männlicher Artgenosse zu nahe kommt, attackiert er diesen und verjagt ihn.
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